Der Neider aus der Mammon-Straße

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Eine der letzten Prachtfassaden in der Werner-Seelenbinder-Straße: das ehemalige Henckelsche Haus mit dem Neidkopf auf der Attika.

Eines von insgesamt 38 im Jahre 1785  errichteten Bürgerhäusern war jenes in der Mammonstraße 3 (Werner-Seelebinder-Straße). Es gehörte dem Bürger Henckel und wurde daher das Henckelsche Haus genannt. Manger schreibt dazu im zweiten Band der Baugeschichte Potsdams, dieses Haus hätte

zwey und vierzig Fuß Länge, bekam zwey Geschoß Höhe, und auf der Attik über derselben ein Amortissement von Sandstein.

Mit Amortissement ist eine Bekrönung gemeint und jene könnte nicht besser an diesen Ort passen. Die Straße hat wohl ihre Bezeichnung („Mammon“ – abgeleitet vom aramäischen Wort מָמוֹן mamon für „Vermögen“) vom Reichtum des hier wohnhaften Oberstleutnant von Kleist bekommen. Die Sandsteinbekrönung, von der Manger spricht, ist nämlich ein sogenannter Neidkopf.

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Wirklich Angst macht dieser Neidkopf niemandem. Und doch hat er dem Haus bis heute Glück gebracht.

Das Wort Neid leitet sich aus dem Althochdeutschen ab und bedeutete Feindschaft oder Hass. Bereits in vorchristlicher Zeit brachte man aus Holz oder Stein gefertigte Köpfe mit menschlichen oder tierischen Fratzen an Hauswänden, Giebeln oder Säulen an, um mit der Zauberkraft böse Geister oder Feinde abzuhalten. Auch nach der Christianisierung wurden diese Köpfe weiter verwendet und fanden sogar Eingang in Kirchen und Klöster.

Der Potsdamer Neidkopf ist im Gegensatz zu den gotischen Fratzen eher komisch anzuschauen und macht keinen wirklich furchterregenden Eindruck. Vielmehr ist er ein barockes Kunstwerk, das Mielke so beschreibt:

[…] eine Kartusche, die aus vier Einzelteilen besteht. Zwei stark gewölbte konkave Schalen vereinigen sich unten in einer konvexen Rundung. Sie umfassen eine stark modellierte Muschel, die ihrerseits einen Kopf mit herausgestreckter Zunge umschließt. Zwei der obligatorischen Girlanden vervollständigen die Komposition.

Auch wenn der bärtige Mann nach gut 230 Jahren einen etwas abgeblätterten Eindruck macht, so ist er doch ein bemerkenswertes Detail friderizianischer Baukunst. Und ganz nebenbei stellt er seine offensichtlich schützende Wirkung bis heute unter Beweis. Das Henckelsche Haus ist das einzige seiner Art, das in dieser Straße bis heute äußerlich weitgehend unverändert Bestand hat.

 

Fritz und Peter - Deine Stadtführer für Potsdam

 

Literatur und Quellen:

MANGER, H.L.: Baugeschichte von Potsdam. II. Band. Reprint der Originalausgabe von 1789/90. Leipzig. 1987.

MIELKE, F.: Das Bürgerhaus in Potsdam. Textteil. In: BINDING, G.: Das deutsche Bürgerhaus. Bd. XV. Tübingen. 1972.

http://www.aip.de/~arlt/SGS/strassennamen

http://www.kloster-amelungsborn.de/neidkpfe.html

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