In den frühen 1920er Jahren begann in Potsdam eine neue Bautätigkeit, die vor allem in den Vorstädten neue Wohnsiedlungen entstehen ließ. Dazu gehören etwa die Siedlungen „Stadtheide“, „Sonnenland“, „Daheim“ oder „Am Brunnen“. Das größte Planungsprojekt dieser Jahre war jedoch die sogenannte Siedlung „Wald-Potsdam“, die am Brauhausberg entstehen sollte. Auf einem Gelände östlich und westlich der Michendorfer Chaussee sollten Siedlungen entstehen, die rund 29.000 Menschen eine neue Heimat bieten.
Um die notwendigen Flächen bebauen zu können, mussten diese zunächst nach Potsdam eingemeindet werden. Dies geschah auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung im Jahre 1925, nicht zuletzt, um Potsdams Eigenständigkeit gegenüber dem 1920 entstandenen Groß-Berlin zu sichern. Potsdams Stadtgebiet reichte nunmehr im Süden bis zum Forsthaus Templin. Im Zusammenhang mit der Eingemeindung wurde zwischen dem Magistrat der Stadt Potsdam, dem Kreis Zauch-Belzig und der Staatsforstverwaltung ein Vertrag geschlossen, der auch eine öffentliche verkehrliche Erschließung der neuen Gebiete vorsah.
Um dem Rechnung zu tragen wurde 1926/27 die neue Straße „Brauhausberg“ angelegt und 1929 begannen die Arbeiten an der Straßenbahnlinie Potsdam-Caputh. Der Brauhausberg musste zur Anlage der Straße und der Bahntrasse aufwendig durchbrochen und eine Brücke zur 1902 errichteten Kriegsschule (seit 1919 Reichsarchiv) errichtet werden.


Die Straßenbahn nach Caputh wurde letztlich nicht gebaut, da man sich über die Trassierung innerhalb des Ortes nicht einig werden konnte. Bis zum neuen Schützenhaus jedoch wurde die Bahn am 30. Juni 1930 in Betrieb genommen – wegen der Streitigkeiten in und mit Caputh jedoch ein Jahr später als erwartet. Zu diesem Zeitpunkt war das Projekt „Wald-Potsdam“ jedoch ebenfalls bereits fast gestorben, wie wir erfahren werden.

Zurück zur Wohnsiedlung. Von den eigentlich 360 ha, die man insgesamt für eine Entwicklung vorgesehen hatte, wurden 1927 rund 11 ha um den heutigen Finkenweg zum Verkauf ausgeschrieben. In der Verkaufsbroschüre heißt es dazu:
„[…] gegenüber dem Sportplatz [am Luftschiffhafen] erstreckt sich ein zehntausende Morgen großes Forstrevier, in dem die Stadt Potsdam jetzt ein etwa 700 Morgen großes Siedlungsgelände für eine Villensiedlung größten Stils zur Verfügung stellt, in dem jede Art gewerblicher und fabrikmäßiger Anlagen grundsätzlich ausgeschlossen sein soll.“
Die Preise für die zwischen 830 und 5.000 m² großen Grundstücke lagen zwischen 6 und 20 Reichsmark, welche bereits Anliegerbeiträge für Gas, Wasser, Licht, Kanalisation Straßenbahn und Straßenbau sowie die Vermessungskosten umfassten. Zu den Bedingungen heißt es weiter:
„Mit der Bebauung der Parzellen kann sofort begonnen werden. Der Käufer übernimmt lediglich die Verpflichtung, innerhalb von 3 Jahren das von ihm erworbene Grundstück mit einem, dem Charakter von Wald-Potsdam entsprechenden Landhaus zu bebauen. Der Waldcharakter soll dadurch gewahrt bleiben, daß auf den einzelnen Grundstücken nur die unbedingt erforderlichen Bäume geschlagen werden dürfen.“

Schnell wird dem Leser klar, dass in diesem Bereich keine gewöhnliche Wohnsiedlung geplant war, wie wir sie oben bereits erwähnt haben. Vielmehr richteten sich diese ersten Kaufofferten an begüterte Bürger und Zuzügler. Dass man vor allem auch neue Bürger mit dieser Entwicklungsmaßnahme gewinnen wollte, wird dadurch verdeutlicht, dass man auch in Reiseführern das Projekt mit Anzeigen umwarb (Bild oben links).
Bereits 1928 setzte in der Weimarer Republik ein wirtschaftlicher Abschwung ein, der durch die Weltwirtschaftskrise erheblich verschärft wurde. Schon 1929 kam auch das Projekt Wald-Potsdam zum Erliegen. Nur wenige Grundstücke waren bis dahin verkauft worden. 1933 nahm man das Projekt zwar noch einmal auf, kam jedoch nicht über die Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Brauhausberg 1936 hinaus.
Auch die Straßenbahnlinie 5 ist Geschichte. Sie stand von Anfang an unter keinem guten Stern – Caputh wurde nie erreicht, Wald-Potsdam nie wirklich gebaut. Im Januar 1945 wurde die ohnehin kaum genutzte Linie eingestellt und auch nach dem Krieg nicht wieder in Betrieb genommen. Die Gleisanlagen nutzte man, um andere Strecken in der Stadt zu reparieren. Heute erinnern nur noch der Grünstreifen und einige Parkplätze entlang der Straße Brauhausberg an die alte Bahnlinie. Bei „Wald-Potsdam“ denkt man heute wohl eher an ein Wohngebiet im Potsdamer Süden.
Quellen:
ARLT, K.: Die Straßennamen der Stadt Potsdam. Geschichte und Bedeutung. 2010.
KÖHLER, I.: Stadtverkehr Potsdam. 1994.
WERNICKE, T.; GÖTZMANN, J.; WINKLER, K.: Potsdam Lexikon. Stadtgeschichte A bis Z. 2010.