Nach mehr als sieben Jahren Abstinenz, kehrten am 23. September 2021 die ersten beiden Großplastiken der Ringerkolonnaden zurück und mit ihnen auch das ein oder anderer Zitat aus der Antike.
Einer der wieder aufgestellten Kämpfer ist ein Schleuderer. Die Figur (einst an Position Nr. 9) stammt von Christian Glume (1714 – 1752), in dessen Werkstatt der größte Teil des bildhauerischen Schmuckes der beiden Kolonnaden des Stadtschlosses erschaffen wurde.
Ein energischer Vorfahre …
Wenn man auch davon ausgehen kann, dass es für viele der Skulpturen klassische Vorbilder gab, so ist zumindest für den Schleuderer von Glume auch eine konkrete Vorlage bekannt. Die Körperhaltung und vor allem das angespannte, fast verbissene Gesicht lassen den David des italienischen Bildhauers Gian Lorenzo Bernini (1598 – 1680) erkennen.

Bernini, der schon als Kind in der Werkstatt seines Vaters mitarbeitete, schuf seine David-Figur 1623/24 als eine von insgesamt vier Figurengruppen (David war die einzige Einzelfigur) für die Gartenanlage Villa Borghese in Rom. Heute sind alle Skulpturen im Casino des Parks zu sehen (Kunstsammlung Galleria Borghese).
Schon vor Bernini hatten berühmte Bildhauer das David-Motiv unterschiedlich umgesetzt, so etwa Donatello (um 1430) oder Andrea del Verrocchio (um 1475). Das berühmteste aller Werke ist natürlich der 1501 bis 1504 geschaffene David von Michelangelo Buonarroti. Ähnlich wie Michelangelo vor ihm, stellt auch Bernini keinen zarten Jüngling dar, sondern einen ziemlich kräftig gebauten jungen Mann – hier enden jedoch bereits die Parallelen. Im Gegensatz zu Michelangelos David ist jener Berninis in starker Bewegtheit und im Moment äußerster Konzentration dargestellt. Gespannt wie eine Armbrust wird David unmittelbar vor dem Abschleudern des Steins gezeigt.
Diese unmittelbare Bewegung zeigt der Potsdamer „David“ von Glume nicht so eindeutig. Die Anspannung seines Gesichtes ist jedoch ebenfalls deutlich wahrnehmbar und es ist vor allem dieses charakteristische Gesicht, welches die Nähe zu Bernini verdeutlicht.

… und ein berühmter Torso
Die zweite der Figuren stellt einen Fechter dar, den Georg Franz von Ebenhech (1710 – 1757) schuf. Die Figur stand einst an Position Nr. 3 vom Marstall aus gesehen und ist in der wiederaufgebauten Kolonnade nun im zweiten Feld von links zu sehen.
Das klassische Thema des Fechters oder Schwertkämpfers wird hier begleitet von einer Trophäe, die jedoch von den üblichen, meist starren Darstellungen durch die sehr naturalistische Zeichnung eines männlichen Torsos abweicht.

Trophäen, ursprünglich antike Siegesdenkmale in Form eines mit Beutewaffen und Rüstungsteilen dekorierten Holzstammes, fanden später ihren Weg in die Architektur. In Potsdam findet man sie beispielsweise ganz in unmittelbarer Nähe zur Kolonnade auf dem Fortunaportal (Bild oben).

Die dem Fechter beigestellte Trophäe besteht jedoch lediglich aus einem auf dem Boden liegenden Helm und einem vermeintlich eingeknickten Rüstungsteil. Auf den zweiten Blick wird der Betrachter jedoch schnell an eines der berühmtesten und wirkmächtigsten Bildwerke der Antike erinnert – den Torso vom Belvedere. Schon Michelangelo war begeistert von der fragmentarisch erhaltenen Skulptur eines sitzenden Mannes und lehnte wohl seinerzeit den Auftrag für eine Ergänzung der Skulptur ab. Es scheint nicht ganz abwegig, dass sich Ebenhech für seine sehr lebendige Trophäe vom berühmten Torso inspirieren ließ, zumal der Helm im Vordergrund den Eindruck noch verstärkt, ersetzt er doch den angewinkelten Oberschenkel des antiken Vorbilds.